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AutorenbildDr. Nicola Müllerschön

„DIE EMOTIONEN, DIE MOZARTS MUSIK AUSLÖST, SIND TEIL UNSERER KOMMUNIKATIVEN AGENDA“

Gespräch mit Rainer Heneis, CMO / Bereichsleiter Marketing und Kommunikation der Stiftung Mozarteum Salzburg



Herr Heneis, als Chief Marketing Officer sind Sie seit über anderthalb Jahren für die Marketingstrategie und die Kommunikation der Internationalen Stiftung Mozarteum in Salzburg verantwortlich. Was hat Sie an dieser Stelle, die neu geschaffen wurde, gereizt?

Zunächst vor allem die Musik. Wenn Sie einmal in Mozarts Kosmos eingetaucht sind, kann es kaum etwas Schöneres geben, als mit dieser Faszination täglich arbeiten zu dürfen. Mozart als Person und sein einmaliges Œuvre begeistern die Menschen seit über 260 Jahren. Auch wenn sich die Interpretation und die Darstellungsform seiner Werke immer wieder ändern, sind die Emotionen, die seine Musik auslöst, kontinuierlicher Teil der kommunikativen Agenda, an der wir jeden Tag arbeiten. Und dies an einem außergewöhnlichen Standort, mitten im Weltkulturerbe Salzburger Altstadt.

Als Marketing- und Kommunikationsexperte reizt mich bei der Stiftung vor allem die Möglichkeit, Projekte und Ideen langfristig und nachhaltig entwickeln zu können. Unsere Aufgabe als Non-Profit Organisation ist es seit 1880, das Erbe Mozarts der Welt zugänglich zu machen, somit gibt es auch eine lange Historie, die es zu berücksichtigen gilt. Für die Zukunft muss die Stiftung aber - wie jede andere Kulturinstitution auch - vor allem Antworten auf die dynamischen Veränderungen unserer Umwelt finden, mit Trends wie Individualisierung, Überalterung und Digitalisierung. Attraktive Zugänge zu Mozart entwickeln, für Jung und Alt, national wie international – ist wirklich eine spannende Aufgabe, die viele Ideen freisetzt.


Das Aufgabenspektrum der Stiftung Mozarteum ist groß. Die Stiftung veranstaltet Konzerte und Festivals wie die Mozartwoche, betreibt Museen – darunter Mozarts Geburtshaus, das zu den meistbesuchten Museen in Österreich zählt –, und ist mit ihrer Bibliothek und ihrem umfangreichen Archiv eine renommierte Forschungseinrichtung. Wie gelingt es Ihnen, diese Vielfalt in einer gemeinsamen Linie und Strategie zu bündeln?


Eine der ersten Aufgaben war es, zentrale Planungstools zu integrieren und die interne Kommunikation zu optimieren, um die vielfältigen Aktivitäten an allen Ecken der Stiftung stärker zu vernetzen. Auf Projektbasis funktionierte dies schon immer gut, jetzt wird deutlich früher geplant und auf Basis der Kapazitäten abgestimmt. Entsprechend unserer Vereinsstatuten ist in der Stiftung für die Strategie das Präsidium zuständig, im regelmäßigen Austausch besprechen wir gemeinsam die großen Themen und diskutieren Ideen, aus denen sich dann unser Aktionsplan ergibt. Das schafft mittlerweile auch Freiräume, Dinge intensiver zu entwickeln. Und wenn wir wie z.B. in den Vorbereitungen der Mozartwoche sind - bei der faktisch alle Bereiche der Stiftung involviert sind - dann arbeiten wir extrem verzahnt als großes und effizientes Projektteam.


Identität und Marke sind Eckpfeiler gelungener Kommunikation, und doch zucken viele Kulturmanager, wenn Marke und Kultur in einem Atemzug genannt werden. Wie begegnen Sie diesem Reflex?

Ich empfinde das als theoretische Diskussion, das liegt wahrscheinlich auch an meiner Erfahrung aus anderen Märkten, wo sich Genrebezeichnungen immer wieder neu definieren. Kommunikation ist immer, was ankommt! Wir arbeiten in unterschiedlichen Märkten und für unterschiedliche Zielgruppen, und da gilt es, durch Marken Orientierung zu geben, weil wir uns fast ausschließlich selbst finanzieren. Die Mozartwoche als „Erstes Festival des Jahres“ steht seit 1956 für außergewöhnliche Konzerterlebnisse mit den aktuell besten Mozart-Interpreten, ein klares Versprechen an unser treues nationales wie internationales Konzertpublikum. Das Festival DIALOGE auf der anderen Seite steht für außergewöhnliche zeitgenössische Musik im Dialog. Es spricht vor allem das jüngere, experimentierfreudigere Publikum aus Salzburg und dem benachbarten Ausland an – natürlich mit einer eigenen, progressiveren Identität.

Die Stadt Salzburg steht wie keine andere für Mozart. Das ist für Sie großartig, weil Sie als Institution die „DNA“ der Stadt repräsentieren, gleichzeitig frage ich mich, ob diese Verortung einer Kontextualisierung und Vernetzung der Stiftung Mozarteum jenseits der Stadtgrenzen im Wege stehen kann. Wie sehen Sie das?

Ohne Mozart wäre Salzburg nicht Touristenmagnet und das kulturelle Zentrum in der klassischen Musikwelt. Wir arbeiten mittlerweile eng mit allen touristischen Institutionen zusammen und sehen unsere Aufgabe vor allem darin sicherzustellen, gemeinsam ein konsistentes Mozart-Bild in die Welt hinauszutragen. Letztes Jahr konnten wir eine Social-Media-Abteilung aufbauen, die vor allem Mozart-Content produziert und stetig über die Stiftung und unsere Aktivitäten berichtet. So erreichen wir neue Zielgruppen und steigern kontinuierlich unsere Bekanntheit, nicht nur mit der Welt von Wolfgang Amadé, sondern zunehmend auch mit dem verstärkten Fokus auf die ganze Mozart-Familie mit Vater Leopold oder seiner Schwester. Zudem helfen uns gezielte Kooperationen mit Partnern: Mozartwoche-Intendant Rolando Villazón fungiert seit kurzen als Testimonial für das Salzburger Land. Und unsere neue Playmobil-Mozartfigur ist mittlerweile nicht nur an vielen touristischen Outlets in Salzburg erhältlich, sondern transportiert das Mozartbild und die Geschichte der Stiftung Mozarteum in viele Spielzeugläden in Europa.

Wenn wir über die Institution und ihre Reichweite jenseits ihrer physischen Häuser sprechen, geht es immer auch um digitale Strategien, Formate und Kommunikation. Wie sind Sie mit der Pandemie-Situation umgegangen, die ja alle Kulturveranstalter zum Umschalten in den Digitalmodus gezwungen hat? Welche Impulse werden bleiben?

Als weltweit führendes Kompetenzzentrum rund um Mozart ist die Wissenschaftsabteilung der Stiftung schon seit vielen Jahren federführend in der digitalen Welt aktiv. Mit der Digital-Interaktiven Mozart-Edition (DIME) sind Mozarts Notentexte aus der Neuen Mozart-Edition als maschinenlesbare Codes für Musiker zugänglich, die Digitale Mozart-Edition präsentiert die musikalischen Werke in digitaler Form, inkl. Autographen, Briefen, Dokumenten und Bildern. Nach dem Corona-Lockdown konnten wir deshalb innerhalb kürzester Zeit auf diesen Content zugreifen und mit der Social-Media-Aktion #kleinepausemozart einen täglichen, positiven Mozart-Gruß in die Welt schicken: kurze Videos über Mozarts Werke, Geschichten aus dem Leben der Familie, 3D-Rundgänge durch unsere Museen bis hin zu exklusiven Konzerten aus den Wohnzimmern von Künstlern. Das tägliche Storytelling zeigte schnell, wie viel Aufmerksamkeit wir mit den Mozarts erreichen können. Zudem konnten wir viele Mitarbeiter motivieren, mit Kreativität und Spaß sich an der Entwicklung und Produktion des Contents zu beteiligen. Und wir wissen, Mozart bringt Reichweite. Der Content wurde durch ein führendes Medienhaus in Österreich übernommen und am Ende durch eine TV-Show „Wir spielen für Mozart: Mozart@home“ abgerundet. Wir haben bei der Digitalisierung also nicht umgeschaltet, wir haben hochgeschaltet.


Herr Heneis, ich danke Ihnen für das Gespräch.



Rainer Heneis ist CMO/Bereichsleiter Marketing und Kommunikation bei der Stiftung Mozarteum Salzburg. Der studierte Betriebswirt verfügt über langjährige Erfahrung in der deutschen Medienindustrie sowie im Konzernmarketing der Deutschen Bahn und war zuletzt Associate Partner bei der Goldmedia Strategy Consulting, bevor er 2019 nach Salzburg in den Kulturbereich wechselte.





Abbildungen:

Stiftung Mozarteum Salzburg

Großer Saal

Außenfassade

Mozarts Geburtshaus, Geburtszimmer

Fotos: Christian Schneider

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