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AutorenbildDr. Nicola Müllerschön

DREI FRAGEN AN BERNHARD UTZ, KAUFMÄNNISCHER DIREKTOR DES SALZBURGER LANDESTHEATERS


Herr Utz, Sie kennen das „Betriebssystem Theater“ von innen und von außen. Sie waren an den Bayerischen Staatstheatern und an den Staatstheatern Stuttgart tätig sowie in der Unternehmensberatung actori, die sich auf den Kulturbereich spezialisiert hat. Inwiefern hat Ihre Zeit in der Beratung Ihren Blick auf das dieses Betriebssystem verändert?


Die wesentlichen Erfahrungen stammen selbstverständlich immer aus den mehrjährigen Tätigkeiten innerhalb eines „Theaterbetriebssystems“, wie Sie es nennen. Nur so lassen sich Funktionsweisen, Strukturen und Prozesse innerhalb eines Hauses tiefgehend verstehen und im besten Falle weiterentwickeln, aber auch – und fast noch wichtiger – Betriebskulturen kennenlernen und daraus wesentliche Rückschlüsse auf die Ansätze für Veränderungsprozesse ableiten. Das Besondere an der Tätigkeit als Unternehmensberater und die daraus resultierenden Erfahrungen waren für mich hingegen, dass innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeitspanne der Blick in verhältnismäßig viele und auch sehr unterschiedliche Kulturbetriebe möglich war. Hiervon profitiert im Gegenzug wieder die Arbeit an einem Haus, wie in Stuttgart oder jetzt in Salzburg, da bei zahlreichen Herausforderungen oder Strukturfragen Vergleiche mit Beispielen aus der Beratertätigkeit möglich sind und oft auch entsprechende Lösungsansätze herangezogen werden können.

Was zeichnet ein erfolgreiches Doppel – künstlerische und kaufmännische Leitung – aus?


Zunächst einmal der gegenseitige persönliche Respekt, aber auch der Respekt vor der Tätigkeit und den Leistungen des jeweiligen Gegenübers. Dazu im besten Fall ein nicht nur oberflächliches Grundverständnis für die Prozesse des anderen Bereiches und dessen Anforderungen. Die künstlerische Leitung sollte die Notwendigkeit finanzieller, struktureller und juristischer Leitlinien und deren Bedeutung für den Betrieb und die Stabilität des gesamten Hauses sehen; die kaufmännische Leitung im Gegenzug um die Bedeutung künstlerischer Gestaltungsfreiheit und die notwendigen Entwicklungsspielräume künstlerischer Prozesse wissen. Und drittens ein gemeinsames Bewusstsein für die Herausforderungen und Dimensionen der Verantwortung, die mit der jeweils gegenüberliegenden Rolle einhergehen.

In der Pandemie setzen sich alle Theaterhäuser mit der Frage auseinander, wie digitale Kanäle sinnvoll genutzt und bespielt werden können. Dabei geht es auch darum, neue, alternative Einnahmequellen auszuloten. Gleichzeitig erwartet das Publikum häufig, dass Online-Angebote kostenlos sind. Sehen Sie hier neue Geschäftsmodelle?


Digitale Angebote, sei es als Liveübertragung, Streaming on demand oder interaktive Formate bieten in der aktuellen Ausnahmesituation Theatern primär die Möglichkeit, in künstlerischer Form mit ihrem Publikum und einer erweiterten Öffentlichkeit im Kontakt zu bleiben bzw. neu in Kontakt zu treten. Dadurch bleiben die Theater in – wenn auch reduzierter – theatraler Form sichtbar. Dies allein stellt nicht nur aus Marketingaspekten einen deutlichen Mehrwert dar, gerade in Zeiten, in denen die eigentliche Kernaufgabe und -tätigkeit von Theatern nicht umgesetzt werden kann: das Angebot eines Live-Erlebnisses. Inwieweit darüber hinaus die Kostenpflichtigkeit von Angeboten nicht nur eine Anerkennung für die Wertigkeit der künstlerischen Leistung oder ein Kostenbeitrag in Bezug auf Produktionskosten sein kann, sondern tatsächlich ein im Umsatzvolumen tragfähiges Geschäftsmodell darstellen kann, hängt meiner Meinung nach zu stark von den Positionierungsmöglichkeiten der einzelnen Häuser und vom zu generierenden Content ab, um hier eine allgemeingültige Einschätzung abgeben zu können. Darüber hinaus sind die grundlegenden Veränderungen im Kommunikations- und Konsumverhalten von (künstlerischem) Content, die aus der aktuellen Situation mittel- und langfristig resultieren werden, noch viel zu wenig abzusehen. Eine wie auch immer geartete Weiterentwicklung wird damit aber sicherlich einhergehen.

Bernhard Utz ist seit 2018 Kaufmännischer Direktor des Salzburger Landestheaters. Von 2009 bis 2017 war er Direktor für Kommunikation und Vertrieb im Bereich der Geschäftsführenden Intendanz an den Staatstheatern Stuttgart, von 2007 bis 2009 war er als Consultant in der Unternehmensberatung actori mit den Schwerpunkten Kultur und Bildung tätig, davor leitete er den Zentralen Kartenverkauf der Bayerischen Staatstheater in München.

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